Klimawandel, extreme Wetterperioden und Wohlbefinden im Alter

Projekt „PARADIES“

Vor allem ältere Personen sind von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen

Die aktuelle Klimakrise ist eine Gesundheitskrise. Als Reaktion auf die Zunahme von Schweregrad und Häufigkeit extremer Wetterereignisse wie Hitzewellen werden Bevölkerungen und Länder dazu aufgerufen, Anpassungs- und Minderungsstrategien zu identifizieren, zu bewerten und umzusetzen. Der Klimawandel zwingt gefährdete Gruppen, Strategien zu entwickeln, um sich vor akut ungünstigem Hitzestress zu schützen, wie etwa zu Hause zu bleiben. Dies führt zu sozialer Isolation oder verminderter körperlicher Aktivität mit negativen gesundheitlichen, psychologischen und physischen Folgen.

Das transdisziplinäre Projekt „PARADIES“, welches in zwei Pilotgemeinden in Österreich (Klosterneuburg, Wiener Neudorf) durchgeführt wird, verfolgt daher das Ziel, gemeinsam mit älteren Erwachsenen Lösungen zu erarbeiten, um diese negativen Auswirkungen zu vermeiden bzw. abzuschwächen sowie nachhaltige und gesunde Lebensbedingungen in der Gemeinde zu schaffen. Dazu wurden im Projekt verschiedenste interaktive und partizipative Methoden aus Wissenschaft und Praxis wie Interviews, Spaziergänge mit Foto-Dokumentation oder Workshops kombiniert.

Rückgang sozialer Aktivitäten bei extremen Wetterbedingungen

Insgesamt nahmen 143 ältere Erwachsene an Befragungen teil, sowie 28 an den partizipativen Workshops und Spaziergängen durch die Nachbarschaft. Die Ergebnisse lieferten Erkenntnisse über die Klimaauswirkungen, individuelle Anpassungsstrategien sowie die subjektive Wahrnehmung eines gesunden, fürsorglichen und klimaresistenten Umfelds bei älteren Erwachsenen.

Auch zeigte sich, dass zwischen 63 % und 35 % der Teilnehmer:innen über Rückgänge bei physischen und sozialen Aktivitäten während extremer Wetterbedingungen berichteten. Obwohl die Mehrheit der Teilnehmenden angab, sich in diesen Zeiträumen nicht oder nur leicht einsam zu fühlen, berichteten insgesamt 19 % der älteren Erwachsenen, dass dieses Gefühl während Hitzewellen zugenommen habe – teils in mäßigem, teils in deutlich verstärktem Ausmaß.

Ältere Erwachsene mit Unterstützungsbedarf – im Vergleich zu denen ohne – erlebten eine stärkere soziale Isolation und eine niedrigere Lebensqualität. Ebenso berichteten ältere Erwachsene, dass extreme Hitzeperioden nicht nur ihre psychische Gesundheit (Stress, Verhalten, usw.) beeinflussen, sondern auch ihre sozialen Kontakte und täglichen Aktivitäten.

„Ich bin altersbedingt empfindlicher gegen Hitze geworden und meide es, bei großer Hitze rauszugehen.“

Infrastrukturelle Maßnahmen für ältere Personen

Darüber hinaus wurden mehrere Handlungsfelder in den Pilotgemeinden identifiziert, darunter infrastrukturelle und bauliche Mängel, wie der Mangel an Bänken und witterungsgeschützten Ruheplätzen, der Mangel an Wissen über die Angebote in der Gemeinde oder Mobilitätsprobleme in der Region, insbesondere für pflegebedürftige Personen oder Menschen, die weiter entfernt vom Stadtzentrum leben.

Etwa haben 44 % der Befragten Schwierigkeiten, einen schattigen Platz auf der Straße zu finden. Andere bemängeln, dass sie keinen Platz zum Ausruhen finden, wenn sie ihn brauchen. Außerdem empfinden viele die Infrastruktur für das Radfahren in ihrer Nachbarschaft als verbesserungswürdig. Diese persönlichen Bedürfnisse werden, insbesondere während extremer Hitzeperioden, zu persönlichen Anpassungen und Strategien führen, die akute Hitzestressprobleme verhindern aber negative langfristige Folgen wie der Abhängigkeit vom Auto oder eingeschränkte Aktivitäten verursachen können.

“Ich gehe erst am Abend spazieren und im Garten bin ich nur, um im Schatten zu sitzen. Also man muss aufpassen und dann eben zu Mittag nicht rausgehen.“

“Bei größer Hitze vermeide ich es, irgendwohin zu fahren, wenn es zu heiß ist. Selbst wenn ich etwas geplant habe, sage ich die Termine ab und telefoniere stattdessen mit den Leuten. Der soziale Kontakt ist mir sehr wichtig und wenn das nicht geht, dann ist das schon ein bisschen eine Einschränkung.“

“Es war nie ein Thema, dass ich plane, wann ich mit meinen Enkelkindern zum Badeteich oder Spielplatz gehe. Es geht nicht einfach wir früher, hinzugehen und so lange wir wollen zu bleiben. Es ist zu heiß und eine große Belastung.“

Im Rahmen der Spaziergangsinterviews oder beim PARADIES-Bankerl wurden die Bedürfnisse älterer Menschen in Bezug auf eine gesunde, klimaresistente und fürsorgliche Nachbarschaft weiter diskutiert. Vor allem wurden soziale Bedürfnisse wie der Bedarf an einer Begegnungszone, niederschwellige Möglichkeiten wie Plauderbankerl oder die Häufigkeit der Aktivitäten für ältere Erwachsene diskutiert und auch in Zusammenhang mit einer besseren Infrastruktur und politischen Maßnahmen in der Gemeinde gebracht.

“Wir brauchen Orte, die wirklich dazu einladen, sich hinzusetzen und zu sozialisieren.“

“Ein gutes Praxisbeispiel dafür wäre die Umgestaltung des Parkplatzes, um den Platz grüner, fußgänger- und radfahrerfreundlicher zu machen und die Herstellung eines Radwegs, der ohne Unterbrechungen verläuft. Auf diese Weise wissen die Leute, dass man ohne Halt den ganzen Weg fahren kann und geben deshalb ihr Auto auf. Jetzt ist es auch möglich, diesen Weg zu nutzen, um mit Kindern zu spazieren.“

“Eine Lösung könnte der Stadtbus sein. Es gibt zwar einen, aber er fährt abends oder an Wochenenden nicht.“

 

Die ersten Ergebnisse und Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung von bedarfsgerechten, transformatorischen Veränderungen auf mehreren Ebenen (individuell, gesellschaftlich, ökologisch und politisch), um die Gesundheit und die Bereitschaft für Klimawandelanpassungsmaßnahmen zu fördern.

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PARADIES ist ein vom Bundesministerium für Klimaschutz gefördertes Projekt. Die Fördermittel wurden durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) vergeben.